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Wie Start-ups erwachsen werden …

Die Decide-Geschäftsführer Peter Beck und Andreas Krug freuen sich über die dynamische Entwicklung ihres Start-ups (Credit: ZWT/Lunghammer).

Pilotprojekte in der Schweiz und in Deutschland, Rollout im Burgenland: Decide kann 5 Jahre nach der Gründung auf eine dynamische Entwicklung zurückblicken. Die Einbettung in das Umfeld der Medical Science City Graz schafft für das im ZWT angesiedelte Start-up ein Alleinstellungsmerkmal am Markt. Um GlucoTab weiter als DIE Software für das Diabetes-Management im stationären Bereich zu etablieren, streben die Geschäftsführer Andreas Krug und Peter Beck ein stetiges „Schritt-für-Schritt-Wachstum“ an. „Erwachsen“ ist ein Start-up in ihrem Bereich nämlich frühestens nach 10 Jahren. Aber warum eigentlich?

Mit GlucoTab hat das Spin-off von JOANNEUM RESEARCH und der Med Uni Graz ein europaweit einzigartiges System für das digitale Blutzucker-Management entwickelt. In den KAGes-Häusern in der Steiermark läuft bereits seit 2019 der Rollout, 2020 wurde damit auch im Burgenland gestartet. „Geplant ist, dass bis Mitte 2021 alle vier burgenländischen KRAGES-Krankenhäuser mit GlucoTab ausgestattet sind“, so Andreas Krug, gemeinsam mit Peter Beck Geschäftsführer von Decide. Auch die Internationalisierung ist bereits angelaufen. „In der Schweiz haben wir kürzlich ein Pilotprojekt gestartet, in Deutschland läuft ein solches bereits seit einiger Zeit.“

Kaufen, einschalten und los geht’s?

Das Start-up Decide wurde im April 2016 gegründet, Krug sieht das Unternehmen aber nach wie vor in der „Start-up-Phase“. „Anders als in anderen Branchen, dauert die Start-up-Phase in der Medizintechnik, vor allem im B2B-Bereich, sicher mehr als 5 Jahre. Das liegt nicht nur an den Zulassungsverfahren. Die größte Herausforderung ist, dass wir ein Investitionsgut verkaufen, keine Dienstleistung und keine Gebrauchsware. Wir verkaufen mit GlucoTab ein System, das bei unseren Kunden dann oft 10 Jahre und länger im Einsatz ist. Dementsprechend ist der Marktaufbau ein sehr langwieriger Prozess, 2 Jahre zwischen Erstkontakt und Geschäftsabschluss sind da nichts Ungewöhnliches“, verweist Krug auf den langen „sales-cycle“. „Durch die Corona-Einschränkungen ist der Vertrieb momentan naturgemäß noch etwas schwieriger. Zwar lässt sich vieles über Videokonferenzen abwickeln, für den Vertrauensaufbau braucht es allerdings auch den persönlichen Kontakt. Man merkt aber mittlerweile auch, dass alle gelernt haben, besser mit der Situation umzugehen, dadurch wird manches wieder einfacher.“

Durch GlucoTab werden die Arbeitsabläufe des Blutzuckermanagements in Krankenhäusern digitalisiert, die richtigen Insulindosen werden automatisch vorgeschlagen. Das bringt oft auch organisatorische Veränderungen mit sich, sagt Krug. „Anders als bei einem einzelnen Produkt kann man unser System nicht einfach kaufen, ‚einschalten‘ und los geht’s. GlucoTab greift in die Ablauforganisation einer Gesundheitseinrichtung ein und bedeutet für diese auch einen gewissen Einführungsaufwand.“ 

GlucoTab – DIE Diabetes-Software für den stationären Bereich

Ein schnelles Wachstum – oder gar ein möglichst rasches Buy-out durch einen Investor – ist nicht das Ziel des Start-ups, steht für Krug außer Frage. „Wir wollen ein eigentümergeführtes Unternehmen bleiben, das hier in Graz Arbeitsplätze schafft. Unsere Strategie ist es, Schritt für Schritt zu gehen und damit auch nachhaltig und gesund zu wachsen. Wir wollen GlucoTab als DIE Software etablieren, mit der man Diabetes im stationären Bereich besser behandeln kann. Das ist unser langfristiges Ziel. Um dabei auch die notwendigen Qualitätsstandards halten zu können, braucht es Zeit, sowohl in der Produktweiterentwicklung als auch in der Ausbildung neuer Mitarbeiter und Partner.“

Einbettung in wissenschaftliches Umfeld schafft Alleinstellung

Das Umfeld in der Medical Science City Graz beschreibt Krug als „sehr gut für unser Unternehmen. Die Einbettung in das wissenschaftliche Umfeld schafft für uns eine Alleinstellung am Markt. Wir sehen auch nach 5 Jahren am Markt in ganz Europa keinen Mitbewerber, der unsere Expertise hat und gleichzeitig so stark in das universitäre und außeruniversitäre Forschungsnetzwerk eingebunden ist. Es gibt schlichtweg niemanden, der das macht, was wir machen. Durch die im Mai schlagend werdende MDR (Medical Device Regulation) werden die Herausforderungen an Softwareprodukte, welche als Medizinprodukte klassifiziert werden, nochmals massiv steigen. Wir können hier vermelden, dass wir unser Zertifizierungsaudit nach MDR erfolgreich absolviert haben und ab Mai GlucoTab ein Medizinprodukt der Klasse 2a sein wird. Das Audit hat uns sehr gut vor Augen geführt, welche Herausforderung es unter diesen Bedingungen ist, eine Medizinproduktesoftware wie GlucoTab neu auf den Markt zu bringen. Ohne gute Vernetzung und Zusammenarbeit mit der klinischen Forschung ist das fast für unmöglich.“

Weiterentwicklung für die Pflege

Neben dem klinischen Bereich fokussiert Decide auch immer stärker auf den Bereich der Alten- und Pflegeheime. Im Rahmen eines FFG-Basisprogramms werden die Grundlagen geschaffen, um GlucoTab hier einsetzen zu können. „Wir hoffen, dass wir 2022 mit einem Pilotprojekt starten können. Im Bereich Alten- und Pflegeheime ist die medizinische Versorgung noch deutlich grobmaschiger als im Akutkrankenhaus, da sehen wir noch großes Potenzial für den Einsatz von klinischer Entscheidungsunterstützung“, so Krug zum geplanten zweiten Standbein.