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Klinik, Forschung – oder ein Unternehmen gründen?

Lars-Peter Kamolz im Interview über „Innovation durch Kooperation“ und Unternehmensgründung im Life-Science-Bereich (Credit: ZWT/Lunghammer).

Nicht „entweder – oder“, sondern „sowohl als auch“, zeigt sich Lars-Peter Kamolz überzeugt. Die Medical Science City Graz hat bereits wesentlich dazu beigetragen, dass Forschung und Wirtschaft enger zusammenwachsen. Und dass die Zahl jener, die nach einem Life-Science-Studium ein Start-up gründen, steigt. Man muss aber beharrlich dranbleiben, um in Zukunft mit „Innovation durch Kooperation“ auch am Weltmarkt aufzuzeigen. Fragt sich nur: Wie lässt sich das umsetzen? Antworten gibt Lars-Peter Kamolz im Interview.

Sie sind nicht nur Plastischer Chirurg an der Med Uni Graz und Direktor von COREMED – Kooperatives Zentrum für Regenerative Medizin (ein Zentrum an der Schnittstelle zwischen JOANNEUM RESEARCH und der Med Uni Graz), sondern auch in Unternehmen aktiv. Wie hat sich das entwickelt?

Lars-Peter Kamolz: Mein Vater war selbst Unternehmer, so habe ich das von klein auf mitbekommen. Meine große Liebe war immer die Medizin. Aber was einen als Kind prägt, bleibt natürlich auch erhalten. In vielen Medizin-Bereichen kommt es zunehmend zur Spezialisierung, es braucht allerdings dennoch Allrounder, die die großen Zusammenhänge in der Medizin verstehen und einordnen können. Hier sehe ich meine Aufgabe. Ich engagiere mich unentgeltlich im wissenschaftlichen Beirat von einigen Start-ups. Es freut mich, dass es mittlerweile mehrere Mediziner gibt, die in dieser Form fachlichen Input liefern. So kann beispielsweise aufgezeigt werden, in welchen Bereichen es Marktpotenzial gibt. Wir wollen den jungen Kollegen helfen, die Türen aufzustoßen. Durchgehen müssen sie dann natürlich selbst.

Woran erkennt man als Forscher eigentlich, dass sein Spezialthema Wirtschaftspotenzial hat?

Kamolz: Die Unterstützungsangebote für Forschende an den Universitäten wurden hierzulande in den letzten 10 Jahren sukzessive ausgebaut. Ausgründungen sind zunehmend Thema und das ZWT mit dem ZWT Accelerator, dessen Baustart für 2021 geplant ist, etabliert sich zunehmend als Hotspot für Life-Science-Spin-offs. Es gibt für Studierende und Forschende eigene Ansprechpartner an den Unis und darüber hinaus – etwa über den Science Park Graz oder die Steirische Wirtschaftsförderung SFG. Wichtig ist aber trotzdem, beharrlich dran zu bleiben. Und vor allem auch schon in der Ausbildung zu betonen, dass man nicht nur in den „klassischen Medizin-Bereichen“ – etwa an einer Klinik oder Universität – Karriere machen kann. Auch die Gründung eines Unternehmens ist eine Zukunftschance, um sein Forschungs-Know-how in neue Medizinprodukte, Therapieformen, Medikamente etc. überzuführen und Mehrwert zu schaffen. Wichtig ist, dass man sich möglichst früh gut beraten lässt. Da ist man in der Medical Science City Graz aber ohnehin an der ersten Adresse.  

Was zeichnet die Medical Science City Graz aus Ihrer Sicht aus?

Kamolz: Wir haben hier mit dem ZWT, der Med Uni Graz und dem LKH-Univ. Klinikum Graz die geballte Ladung an Life-Science-Kompetenz an einem Standort. Inkubatoren und die weiteren Universitäten sind in unmittelbarer Nähe – das ist in dieser Form sicher einzigartig und ein idealer Nährboden für Innovationen. Gerade im Medizinbereich sind diese extrem wertvoll und wichtig für unser Land. Was die Quantität angeht, etwa bei der Anzahl an Studien, werden wir es nie mit Giganten wie China aufnehmen können. Aber wir können und müssen der innovative Motor sein – und dafür ist die Vernetzung essenziell. Gerade in der Steiermark leben wir diese Innovation durch Kooperation bereits sehr gut. Wir haben mit dem Health Tech Hub Styria (HTH Styria) eine gemeinsame Plattform geschaffen, um Synergien zu bündeln.

Am 28. Jänner 2021 findet bereits zum dritten Mal HTH Styria Pitch & Partner statt – diesmal als Online-Event.

Kamolz: Das Konzept wurde an die Online-Anforderungen angepasst, wir setzen vor allem auf B2B-Meetings. Die Besucher bekommen schon im Vorfeld Videos, damit eine bessere Vorbereitung möglich ist. Auch halten wir gemeinsam mit Fifteen Seconds eine Panel Session ab, in der Start-ups mit Investoren diskutieren können. Insgesamt sind die Sessions etwas kürzer, weil virtuelle Treffen natürlich nicht gleich ablaufen wie reale. Langfristig kann das virtuelle das physische Treffen natürlich nicht ersetzen, aber wir werden einen Teil des virtuellen Programms sicher beibehalten, das Interesse ist groß. Wir haben schon Anmeldungen aus mehr als 40 Ländern und wollen wieder eine Plattform bieten, die Forschung und Wirtschaft verbindet.

www.hth-styria.com